Musik in schwierigen Zeiten 353
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
„ich könnte dir ein Konzert für 25 Gitarren komponieren, aber für Trompete – unmöglich.“ Nun, Camille Saint-Saëns hat es schließlich doch geschafft. Das Ergebnis: Sein Septett Es-Dur op. 65.
Das Septett hat mit Trompete, zwei Violinen, Viola, Cello, Kontrabass und Klavier in der Tat eine recht ungewöhnliche Besetzung: Es entstand für Émile Lemoines Gesellschaft für Kammermusik, die er skurrilerweise „La Trompette“ genannt hatte. Diese Gesellschaft war 1867 gegründet worden, und Saint-Saëns war dort oft mit anderen berühmten Musikern der Zeit, wie zum Beispiel Louis Diémer, Martin-Pierre Marsick und Isidor Philipp zu hören. Saint-Saëns hatte sich über Jahre hinweg geziert, der Bitte des Gründers Émile Lemoine zu entsprechen, ein Werk für Trompete zu komponieren.
Saint-Saëns' Septett ist ein neoklassisches Werk mit Tanzfiguren des 17. Jahrhunderts; die Stimmen der beiden Violinen, der Viola und des Cellos sind oft von einem weiteren Streichquartett verdoppelt worden. Lemoine gegenüber gab Saint-Saëns im Oktober 1907 zu: „Wenn ich daran denke, wie sehr Sie mich, wider besseres Wissen meinerseits, bestürmt haben, dieses Stück zu komponieren, das ich nicht komponieren wollte, so kann ich beim besten Willen nicht verstehen, dass es einer meiner großen Erfolge geworden ist.“ Lemoine hatte Saint-Saëns jahrelang regelrecht belagert, dass er ein Stück schreiben möge, in dem die Trompete mit allgemein gebräuchlichen Instrumenten kombiniert sei. Darauf gab er stets scherzhaft zurück, dass er ein Werk für Gitarre und dreizehn Posaunen komponieren könne.
1879 präsentierte er Lemoine ein Stück mit dem Titel Préambule als Weihnachtsgeschenk und spielte es bei dem ersten Konzert im Januar 1880. Er war mit dem Resultat zufrieden und versprach, das Werk zu vervollständigen und die Préambule als ersten Satz stehen zu lassen. Er hielt sein Wort und führte das ganze Werk erstmals am 28. Dezember 1880 zusammen mit Sylvain Teste an der Trompete, dem Quartett (Martin-Pierre Marsick, Guillaume Rémy, Louis van Waefelghem und Jules Delsart) auf, das sehr wirkungsvoll von einem zweiten Quartett (Émile Mendels, Austruy, Johannès Wolff und Louis Heggyesi) verdoppelt wurde. Den Kontrabass spielte Lucien Dereul, und Saint-Saëns selbst saß am Klavier. Das viersätzige Septett (Préambule, Menuet, Intermède und Gavotte et Final), das wegen seiner eingängigen Themen rasch populär wurde, erwies sich auch als Wegbereiter zahlreicher Werke im neobarocken Stil.
Als Mitschnitt erwartet Sie heute ein Kammerkonzert der Orchesterakademie des WDR-Sinfonieorchesters vom 19. Oktober 2019 aus Kölner Funkhaus des WDR. Es musizieren Stipendiaten der Orchesterakademie, Musiker und Gäste des WDR Sinfonieorchesters: Peter Mönkediek (Trompete), Dominique Chamot (Klavier), Laura Galindez und Teira Yamashita (Violine ), Ionel Ungureanu (Viola), Ledje van Wees (Violoncello) und Toko Nishikawa (Kontrabass):
Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Urlaubsgrüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler