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Musik in schwierigen Zeiten III

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,

für die heutige dritte Ausgabe habe ich ein kurzes, sehr fröhliches Stück für Sie und Euch ausgewählt, dessen Entstehung in mehrfacher Hinsicht auch schwierigen Zeiten geschuldet ist.

Am 1. November 1755 zerstörte ein Erdbeben zusammen mit einem Großbrand und einem Tsunami die portugiesische Hauptstadt Lissabon fast vollständig. Mit 30.000 bis 100.000 Todesopfern ist dieses Erdbeben eine der verheerendsten Naturkatastrophen der europäischen Geschichte. Der französische Philosoph Voltaire veröffentlichte 1759 seine satirische Novelle „Candide oder der Optimismus“, die seine Antwort auf die Philosophie Leibniz’ und Wolffs war, wonach die existierende Welt die beste aller möglichen Welten sei.

Rund 200 Jahre später schien Leonard Bernstein und der Dramatikerin Lillian Hellman Voltaires Stoff auch auf die Verhältnisse im Amerika der fünfziger Jahre übertragbar zu sein. Bernsteins komische Operette „Candide“ entstand unter dem Eindruck der McCarthy-Ära. Menschen, die der kommunistischen Umtriebe verdächtigt wurden, wurden in parlamentarischen Untersuchungsausschüssen verhört und somit stigmatisiert. Betroffen waren viele Künstler, die unter Boykotten und faktischen Berufsverboten litten, weil die Theater bei deren Engagement Angst vor Repressalien hatten. Auch Leonard Bernstein und Lillian Hellman waren persönliche Zielscheiben von heftigen Verfolgungen der Tribunale.

„Candide“, 1956 am Broadway uraufgeführt, blieb lange Zeit ein großer Erfolg vorbehalten - von Anfang an erfolgreich war jedoch die Ouvertüre, die bis heute Bernsteins meist aufgeführtes Orchesterwerk ist, noch weit vor den Sinfonischen Tänzen aus „West Side Story“. Welche Tätigkeit Sie auch immer nach dem Anschauen fortsetzen oder neu beginnen: Sie werden es mit einem Lächeln tun.

https://www.youtube.com/watch?v=6ZPF5mPIpXU

Bleiben Sie optimistisch und gesund.

Matthias Wengler
Propsteikantor in Königslutter